Unser Logbuch

hier gibt`s das Neueste von unserer Reise.

Die Einträge hängen davon ab, wann wir einen Internetzugang finden.

Wir werden natürlich versuchen, möglichst aktuell zu sein


 

15. Mai 2008, Standort Alesund, 62°28,3´N, 006°09,20 E

Norwegen empfängt uns mit strahlendem Sonnenschein

1. Mai 9.30 Uhr
Unsere wasserdichte rote Notfalltasche, für den „May Day“ Fall, ist gepackt (Leuchtraketen, Studentenfutter, Spiegel, Pütz, Hand-GPS, Wasserflasche, Vomex, Schiffspapiere, Geldbeutel), mit allem was man in der Rettungsinsel dringend braucht – im Notfall. Der Wetterdienst meldet aktuell für Nordsee und Skagerrak Süd-Ost mit 4 Bft., später auf West drehend. Leinen los, die Dame auf dem Nachbarschiff schüttelt sich fröstelnd, als sie uns bei hässlichstem Regen ablegen sieht. „Have a nice trip“, ruft sie Momo nach! Bald verschwindet die Nordseeküste hinter uns, mit den grauen hässlichen Bunkern, Relikte aus Kriegszeiten noch. Auf unserer Strecke liegen einige Wracks, genau verzeichnet in der Seekarte, am Meeresboden, was besagt, dass das Seegebiet hier ganz schön rau sein kann. Heute, bei 4 Windstärken kein Problem. Damit wir die Windkräfte des Süd-Ost-Windes besser ausnutzen können, ändern wir unseren direkten Kurs von 325 auf 305 Grad und schaffen im Durchschnitt jetzt 5 Knoten. Das ist ok, die Richtung werden wir später, bevor wir statt in Norwegen in England anlanden, korrigieren.



Über diesen Streckenabschnitt berichten wir auf dieser Logbuchseite


Was haben wir für ein Glück! Die Sonne kommt, der Wind weht moderat, über uns blauer Himmel, Momo hat freie Fahrt, keine Untiefe, keine Fahrwassermarkierungen, kein Segler kreuzt unseren Kurs. Unterm Kiel tiefes Wasser, wir sind ein kleiner weißer Punkt, der auf und ab schwimmt in den Wellen. Leider hat unser Käpten einen Tick, ständig lässt er die Zauberflöte von Mozart abspielen. Wenn das so weiter geht, muss er sich eine neue Crew in Norwegen suchen. Meile um Meile lässt Momo hinter sich, schöne weiche, lange Wellen laufen quer zum Schiff trotzdem müssen wir, um das Gleichgewicht zu behalten, uns wie die Affen unter Deck im Salon entlang hangeln. Der Herd (kardanisch aufgehängt) schwingt mit den Bewegungen des Schiffes mit, auch die Töpfe. Die Versorgung aus der Kombüse muss auf „großer Fahrt“ stimmen. Zum Beispiel die auf der Insel Samsø gekauften spitze Kartoffeln, zubereitet als schwäbischen Kartoffelsalat mit Würstchen, ein Genuss auf See. Der Tag vergeht. Mal fährt ein Fischer vorbei, mal kreuzt ein Frachter, aber nie ist ein Segler zu sehen. Um 21.30 Uhr verfolgen wir das Schauspiel der untergehenden Sonne.



Mit dem Fernglas betrachtet, ein glühend roter Ball, er wird eiförmig, dann ist die Sonne hinter dem Horizont verschwunden und die Dämmerung beginnt. Langsam können sich unsere Augen auf die Nacht einstellen. Der Wind schläft jetzt auch, ab sofort sind wir leider ein Motorboot und geigen unangenehm im Seegang. Unter Segel sind wir durch die Wellen getragen worden. Nach einer Stunde Dämmerung herrscht Dunkelheit, kein Mondlicht, nur das Leuchten der - weiß nicht wie vielen Sterne!! Über die Hälfte der errechneten 130 Meilen haben wir geschafft. Zeit für Skipper und die Crew, im Wechsel zu schlafen, oder es wenigstens zu versuchen. Der jeweils Wachhabende vertreibt sich die Zeit in der immer kälter werdenden Nacht mit - Schiffe suchen. Sie auf dem Radarschirm zu erkennen, und mit dem Fernglas dann die Lichter auszumachen um herauszufinden, ob sie auch nicht auf Kollisionskurs sind. Kurs halten, abwarten, beobachten. Aufstehen um 2.00 Uhr nachts ist nicht mein Traum, jetzt will der Skipper aber in die Koje, also raus in die Nacht. Unentwegt brummt der Motor. Nichts los. Doch, das Leuchtfeuer Lista an der Südküste Norwegens taucht in der Kimm auf.



die ersten norwegischen Berge. Sie werden uns in den nächsten vier Monaten nicht mehr verlassen

Gegen 4.00 Uhr früh wird es schon langsam wieder hell, die höheren Breitengrade machen sich bemerkbar. Was wird denn das, zieht doch frühmorgens um 6.00 Uhr eine Nebelschicht auf. Dahinter zeichnet sich schemenhaft die Bergsilhouette von Norwegen ab - liegt da Schnee drauf? Der Nebel hat sich verflüchtigt, der Wind schläft immer noch, aber eine Strömung bessert unsere Geschwindigkeit auf und schiebt uns mit 1,7 Knoten zusätzlich in den Fjord von Egersund. Riesige Industrieanlagen, Zulieferer für die Offshore-Erdölförderung, Stahlwerke und Fischfabriken säumen die Ufer. Endlich, um 10.15 Uhr morgens ist unser 1. Mai Ausflug zu Ende und wir sind fest am Anleger der Stadt Egernsund, nach 25 Stunden und 134 gefahrenen Meilen Das Wasser im Hafen riecht nach Fisch. Müde wie wir sind, haben wir nur noch einen Wunsch – entspannt zu schlafen und das, obwohl der neue, sonnige Tag gerade erst beginnt. Frisch ausgeschlafen, statten wir dem Rettungskreuzer „Peter Henry von Koss“ einen Besuch ab und schließen eine für dieses Jahr befristete Mitgliedschaft ab, das gibt zusätzliche Sicherheit. Weiße Holzhäuschen aus dem 19. Jahrhundert, die Egersundkirke, das älteste Gebäude aus dem Jahr 1620, nette Geschäfte und Lokale entdecken wir im Ort. Auf dem Våsaberg genießen wir die geniale 360° Um- und Weitsicht über die Fjorde und schneebedeckten Berge.



Eine gigantische Landschaft!
Das Land erstreckt sich vom Süden, dem Kap Lindesnes, auf dem 57. Breitengrad, bis zum Nordkap, dem 71. Breitengrad. Norwegen misst eine Länge von 1752 km Luftlinie, die Küstenlinie mit Fjorden und den über 150 000 Inseln mit gerechnet, beträgt 58 133 km, die Strecke eineinhalb Mal um die Erde. Da müssen wir ein paar Kilometer bzw. Meilen abkürzen, sonst kommen wir nicht mehr zurück in diesem Jahr. Die Kontur des Landes gleicht einem Löwenkopf, Norwegens Wappentier, Fjorde und und das zerrissene Küstenland bildet seine Mähne. 430 km ist die breiteste Stelle, die schmalste, oben im Norden, nur ganze 6 km. Das Land lehnt sich an Schweden und Finnland an und grenzt im Nord-Osten an die russische Grenze, bei 31 Grad East. Norwegen ist, Island ausgenommen, das am dünnsten besiedeltste Land Europas. 71 Prozent der Bevölkerung lebt in den Städten, der Rest verteilt sich stark auf das ganze Land, auf die einsamsten Inseln und auf die entferntesten Berge. In den nördlichen Provinzen leben nur etwa 460 000 Menschen.



Der Hafen von Egersund

Kein Wunder ist der „Norweger“ schweigsam und eigenbrötlerisch, wie man ihm nachsagt. An diesem sommerlich warmen Samstag heute, trifft man sich zum Feiern jedoch im Hafen, der Steg füllt sich mit Motorbooten. Da der Staat mit den hohen Steuern und den staatlichen Verkaufsstellen für die Spirituosen auf den Alkoholverbrauch seiner Bürger aufpassen will, trinkt „man“ nur am Wochenende Alkohol. Dann artet das teure Trinken in ein „helgefyll“ aus, einen Wochenendsuff. Norwegen ist eine stolze Seefahrernation und wer richtig voll ist, ist hier„voll wie ein Seemann“, dabei kommt es anscheinend häufig vor, dass er auch stirbt wie ein Seemann, indem er ersäuft. 2. Mai, unsere erste Nacht in Norwegen. Uwe wacht auf, unser Leinen haben sich bewegt, ein Skipper muss ja jederzeit wachsam sein! Er lauscht, steht auf, geht an Deck – was ist denn das? Ein Mann im Wasser! Er ergreift soeben den schmalen, kippeligen Schwimmsteg und schafft es mühsam, sich hoch zu stemmen. Bis ich an Deck bin, bietet sich mir das Bild eines schlanken jungen Mannes, patschnass und schlotternd auf dem Schwimmsteg sitzend. Seine Füße hängen im eiskalten Wasser. Er versucht nun aufzustehen, fällt fast wieder kopfüber ins Wasser. Uwe kann ihm leider nicht stützend auf die Füße helfen, vom Schiff aus geht es nicht, und auf dem Schwimmsteg kann man nicht zu zweit gehen, ohne dass dann beide ins Hafenbecken (es stinkt immer noch nach Fisch) fallen. Wir brauchen weitere Hilfe. Musik und Lachen ist vom Motorboot weiter vorne zu hören. Uwe holt dort Verstärkung, ein einziger junger Mann kommt mit. Die Zwei Jungen scheinen sich zu kennen, Tommi, der ins Wasser gefallene, lässt sich mit Worten nicht bewegen. Weitere fünf junge Leute vom Motorboot erscheinen jetzt und diskutieren, wie sie Tommi auf den Hauptsteg rüber bekommen. Ich denke es ist inzwischen an der Zeit einen Notarzt zu rufen, der nasse junge Mann kann demnächst einen Kälteschock bekommen, so wie er jetzt zittert. Über die Breitseite von Momo hoch auf das Schiff und runter über den hohen Bug auf den Hauptsteg, das war eine größere Aktion, hieven sie den schlotternden Tommi endlich und schleppen ihn ab. Wir werden nie erfahren, ob wir ihn vor dem Ertrinken gerettet haben und erst nach langer Zeit schlafen wir wieder ein, das Bild einer schwimmenden Leiche neben Momo vor Augen. Am nächsten Tag kommt uns eine blonde Norwegerin besuchen mit einer Flasche Toscana Rotwein in der Hand, Mutter von Tommi, sie bedankt sich für unsere Hilfe. Ihr Sohn liegt erkältet, aber wohlbehalten zu Hause im Bett erzählt sie.

durch den Norder Sundet führt unser weg hinaus in die Nordsee

Am Sonntag dem 4. Mai ziehen wir weiter. Unser norwegischer Stegnachbar will uns auf dem kürzesten Weg, dem Norder Sundet, zur offenen See hinaus lotsen. Wir finden den Weg zwar auch, nehmen seine Hilfe aber höflich an. Schon nach kurzer Zeit legt sich über das Wasser eine dicke Nebelschicht. Unser Lotse vorneweg dreht ab und zu Kringel, um bessere Sicht abzuwarten. Um 10.00 Uhr haben wir den engen Sund geschafft und sind jetzt im berüchtigten offenen, ungeschützten Gewässer zwischen Egersund und Tavanger, vom Wind her heute kein Problem, der schläft.



Unser norwegischer Lotse fährt vorne weg, obwohl er weniger sieht als wir



Obwohl die Sonne scheint, liegt eine dicke Nebeldecke über der See, dass wir bis mittags mit Hilfe unseres Radars uns orientieren müssen, aber dann beleuchtet die Sonne die flache hügelige Küste von Jæren. Wiesen, Felder, Höfe und im Hinterland erheben sich schneebedeckte Berge. Bei der Jærens Rev Tonne wird das Gewässer total hippelig, mit 2 Knoten bremst uns der entgegenkommende Strom aus. Nach 48 Seemeilen sind wir fest im Hafen von Tananger, dort dürfen wir morgen früh im Hafenhotel Hummeren ins Internet, bevor die Reise nach Stavanger weitergeht. Zuvor bestehe ich aber noch darauf, die Quallen zu knipsen, die hier massenweise schwimmen. Der Skipper rümpft die Nase. Im nachhinein war das aber doch eine tolle Idee, denn dabei werfe ich auch einen Blick auf das sonnen beschienene Unterwasserschiff von Momo und entdecke, die Schraube vom Schiff ist mit etwas undefinierbarem Schwarzen verstopft. Mit unserem „gefährlichen“ Bootshaken, der eher einer Hellebarde gleicht, ist die Ursache bald festgestellt, eine große schwarze Plastiktüte hat sich um die Schraube gewickelt. Übrigens hat sich Uwe gestern schon unterwegs über ein ungewöhnliches Geräusch beklagt, man hat sich dann aber daran gewöhnt und es später vergessen, aber die Frage bleibt offen, wie lange das mit dem Plastik um die Schraube gut gegangen wäre.



die Plastiktüte hätte uns noch Ärger bereiten können

Jetzt aber los, nur 16 Meilen um die „Ecke“, nach Stavanger, der Ölmetropole Norwegens und dieses Jahr auch die Kulturstadt 2008. Mitten in der Stadt, im Vågen, legen wir direkt an der Hafenflaniermeile an. Hier spricht uns auch gleich ein älterer Einheimischer auf deutsch an und berichtet uns den Wetterbericht: schön, die ganze Woche. Wir sitzen kurzärmelig an Deck mit einer mitgebrachten Dose Bier aus Dänemark und genießen den Blick auf das lebhafte Treiben um uns herum. In den urigen Kneipen und Cafés, direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite sitzen die Norweger, Touristen sind noch keine da, beim Bier oder Café.



Momo im Hafen von Stavanger



Weitere gemütliche Cafés und gepflegte Lokale findet man überall in den kleinen Gassen der Stadt. Tolle Läden, das wäre was für mich zum Stöbern, aber der Momo-Skipper ist immer noch ein Einkaufsmuffel. Prompt kommt immer die Frage: „was brauchst Du?“ Was braucht man mehr als Wind und Meer? Jazz Fahnen wehen auf der hohen Kaimauer, an der Momo fest ist. Die ganze Woche ist Jazzfestival, Montag aber nicht, und das ist heute;schade, denn die Jazzkneipe ist gleich auf der anderen Straßenseite. Als Trost speisen wir bei Sörensens Dampskipsexpedition.



eines unserer beliebten Selbstportraits

Das Lokal ist über und über mit Schiffsutensilien dekoriert, das Essen schmeckt toll und das Lokal ist wirklich originell. Architektonisch gut gelungen finden wir das Ölmuseum, das einer Ölplattform nachempfunden ist. Eine gut erhaltene Gamle Stan (Altstadt) mit über 170 weißen Holzhäuschen aus dem Mittelalter, in der gepflasterten Övre und Nedre Strandgatan gibt es auch noch zu bestaunen.



archtektonische Gegensätze: oben die "Gamla Stan" und unten das Erdölmuseum




Viele Ausflugsfahrten werden ab Stavanger zum berühmten Lysefjord angeboten. Von Schiffsreisen durch den Fjord, Busreisen zur Predikerkanzel, dem Prestikolen, dem exponierten, 600 Meter hohen Aussichtsfelsen mit einem fantastischen Blick , oder am Ende des Fjords, und nur mit einer anschießenden vierstündigen Wanderung im Felsmassiv Kjerag zu erreichen, die Sensation, den auf dem Plateau oben in schwindelnder Höhe. Beides sind Fotomotive, die in keinem Reiseprospekt fehlen. Wir entschließen uns jedoch, den 20 Seemeilen langen Lysefjord mit Momo zu besichtigen. Wir fahren in Stavanger los, durch den Högsfjorden, an einem Inselgewirr ähnlich der schwedischen Höga Küsten vorbei, Lindoy, Hellesoy, Kalvøy..... Die Morgensonne zaubert Sternchen aufs Wasser, Nebel zieht aus dem Fjord.





Vom Högsfjorden biegen wir scharf nach backbord in den Lysefjorden ein. Die von Gletscher und Meer geformten Felsformationen steigen schroff senkrecht aus dem Wasser, das hier bis zu 400 Meter tief ist. Die Steilwände werden immer höher und höher, bis wir auch den kantigen Prestikolen ausmachen. Mit dem Fernglas sehen wir Menschen oben an der Kante stehen, die können die Aussicht bis zum Ende des Fjords von oben genießen. Wir fahren noch so weit in den Fjord hinein, bis wir das Ende mit Lysbotn erkennen, fahren ganz dicht ran an zwei Wasserfälle, dass wir das Wasser in der Luft spüren, dann wenden wir. Hat seither kein Wind geherrscht, so erreichen uns auf dem Wasser Fallböen mit bis zu 20 Knoten. Der Fjord gehört uns ganz allein, kein anderes Boot ist da, wir sind begeistert von dieser unberührten Natur.



die Einfahrt in den Lysefjord




wunderschöne Landschaften tun sich auf



und der Fjord gehört uns ganz allein

Eine größere Etappe liegt noch vor uns:Lysefjord zurück, Høgsfjord zurück, dann x x weitere Fjorde, meistens benannt nach den daneben liegenden Inseln des fruchtbaren Rogalands, mit hügeligen, grünen Inseln, saftigen Wiesen, Feldern, Schafen und Bauernhöfen. Beim heutigen Sonnenschein besonders lieblich. Ständig verkehren zwischen den Inseln Fähren. Unsere Strecke führt noch durch den Skudenesfjorden, bis wir endlich fest machen auf der Außeninsel Karmøy, im Hafen von Skudenes; lauter hübsche weiße Holzhäuschen mit vorgebauten Giebeln säumen die Einfahrt. Position 59°08’94N und 05°15’45E.



der Hafen von Skudenes

Auch am nächsten Tag, dem 7. Mai, kein Segelwind. Es herrscht kalter Nordwind und Nebel liegt über dem Wasser. Die Sonne ist zwar wieder da, aber über dem Meer eine dichte Schicht Nebel. Norwegens Küste ist von einem Labyrinth von-Fahrwassern durchzogen, verästelt in Sunde, die zwischen den Inseln durchführen und Fjorden, die oft tief ins Land einschneiden, aber eine Einbahnstraße sind. Die Wahl des Weges fällt manchmal schwer. Wir tasten uns wieder mal mit Hilfe unseres Radars durch das Innenfahrwasser des Karmsundet. Es herrscht reger Schiffsverkehr, Tanker, Fähren, Frachter. Strömungen und Wirbel mit bis zu 3 Knoten lassen Momo in alle Richtungen tanzen beim Passieren der Haugesund-Brücke und obwohl wir auf dem schmalen Sund mitten durch die Stadt Haugesund fahren, sehen wir keine Häuser, nur ab und zu riesige Tanker, die am Kai liegen - geisterhaft. Das Adrenalin steigt mit der verminderten Sicht, ohne Radar könnten wir gar nicht weiterfahren, nicht mal einen Anlegeplatz findet man in der Suppe. Nach dem Haugesund folgt das nicht ungefährliche offene Seegebiet Sletta.



zum Glück haben wir Radar an Bord und "sehen" diese Brummer schon frühzeitig




Es wird empfohlen nur bei sicherem Wetter das Gebiet zu passieren.
Die See mit mehreren hundert Meter Tiefe läuft bei Starkwind auf Steine auf, die wie Felsnadeln aus der Tiefe und bis kurz unter oder über die Wasserfläche kommen, es entsteht dann eine steile See mit konfuser Dünung. Wir haben aber .. n u r Nebel, müssen nur den richtigen Weg durch die Steine finden und keinem Frachter in den Weg kommen. Das geht vielleicht an die Nerven! Die Sicht beträgt nur 150 Meter, angespannt beobachten wir den Radarschirm. Wir Racons, hohe Eisengestänge im Wasser, sie senden eine Kennung aus, wenn sie von unserem Radar getroffen werden. Die Felsen und Inseln sind auf dem Radar zu sehen und Schiffe, sie bewegen sich als Punkte auf uns zu, von uns weg – auf uns zu – erst wenn sie uns 150 Meter nahe sind, tauchen sie schlagartig und lautlos hinter dem Nebelvorhang auf, als Ungetüm. Einer – Zwei - beim dritten Frachter setzt fast mein Herzschlag aus. Wind kommt auf, der Nebel verzieht sich und gibt die Sicht auf Schneeberge frei. Nach der stressigen Fahrt machen wir in Mösterhamn, auf der kleinen Insel Möster fest. Zur Entspannung machen wir noch einen kleinen Spaziergang auf den Aussichtsberg. Unterwegs finde ich tatsächlich noch Anfang Mai Bärlauch, das gibt ein Festessen an Bord mit Bärlauchspätzle, die Anstrengung ist vergessen.



In Moesterhamn finden wir frischen Bärlauch




Früh um 7.15 Uhr, ohne Frühstück, legen wir wieder ab,
über 50 Seemeilen sind bis Bergen zurückzulegen. Ein Schweinswal lässt sich auf der spiegelblanken See im Sonnenstrahl blicken. Heute herrscht ein Traumwetter. An der Fjordkreuzung Bömlafjorden und Alfjorden steuern Wirbel und Strömungen unser Schiff im Zick-Zack-Kurs. Am Ufer wird eine Bohrinsel gebaut, daneben steht ein „Wohnungsschiff“, vielleicht für die Arbeiter?



wir sehen die erste Ölbohrinsel, ein richtiges Ungetüm

Nordnorge, das erste Hurtigrutenschiff kommt uns entgegen, dann ein Ambulanzschiff, die übliche Bergsilhouette, und dazu folgt jetzt ein Fjord nach dem anderen. Der Flughafen von Bergen muss neben uns liegen, ständig taucht ein Flieger hinter den Bäumen ab, ein anderer hebt seine rote Nase immer steiler hoch. An den sonnigen Berghängen vor Bergen liegen die Traumhäuser der wahrscheinlich im Ölgeschäft beschäftigten wohlhabenden Norweger. 280 Regentage verzeichnet Bergen im Durchschnitt. Wir laufen an einem der 85 besten Tage ein. Ein Bild wie am Mittelmeer. Am Vatlestraumen und im Byforden kämpfen wir nochmal gegen Wirbel und Strömungen an, bis wir um 17.30 Uhr am Kai, neben der bekannten „Brygge“unseren Anlegeplatz finden. (Brygge wurde gekürzt von früher „Tyske Brygge“. Die Hanse hat hier 400 Jahre lang Handel getrieben.) Beim Festmachen müssen wir jetzt die Ebbe und Flut berücksichtigen, die Differenz macht hier schon über eine Meter aus. Wir spannen unsere Vor- und Heckleine weit über Momos Heck und Bug hinaus, auch die Springs lassen wir extra lange, jetzt kann Momo mit den Leinen aufsteigen und sich absenken, ohne dass sie sich bei Niedrigwasser an den Leinen „aufhängt“. Die Lage des Hafens und der Stadt ist wirklich einzigartig. Die bunten Häuser der Tyske Brygge sind zum Weltkulturerbe erklärt worden, aber die Stadt besitzt noch viele weitere sehenswerte alte Gebäude.





die Tyske Brygge in Bergen



Zum Pflichtprogramm gehört die Fahrt mit der Kabelbahn zum 320 m hohen Berg Flöyen hoch. Toll, die Aussicht auf die Stadt, auf die vorgelagerten Inseln und zum offenen Meer hinaus.

Hinter Bergen zieht sich der 150 km lange Sogneforden durch eine spektakuläre Landschaft. Mit Momo brauchen wir dazu Tage hin- und zurück. Kurzentschlossen fahren wir am Freitag, dem 9. Mai um 8.00 Uhr mit der Schnellfähre, dem Katamaran Fjord Prince am Hafen, Richtung Sognefjord ab. Die Fahrzeit bis zum Ende des Fjords, in Flåm, beträgt 5 Stunden. Wahnsinnig geräumig und komfortabel, bequeme Sitze, in der Mitte sogar Tische. Hier wird auch gleich nach der Abfahrt von einigen Norwegern ein typisches Heringsessen mit verschiedenen Broten und aus einer großen Tupperschüssel, gefüllt mit rohen Zwiebelringen, werden die Heringe noch garniert, dazu gibt es vom Kiosk Bier mit Schnaps. Ein Hering, ein Schnaps und so weiter. Wir sind aber erstmal begeistert von dem rasanten Start, das Wasser schäumt hinter der Fähre auf, rasch ein paar Bilder vom Hafen, auch von Momo, und schon sind wir im Salhusfjorden, der windet sich schmal und kurvig durch eine Idylle von Landschaft. Wir fassen es nicht, wie die Fähre um die Kurven braust.



mit 40 Knoten rast der Katamaran durch die Fjorde

Ab und zu legt die Fähre an einem Anleger an, in voller Fahrt rast sie drauf zu und erst im letzten Moment drosselt sie das Tempo. Im Sognefjorden wachsen die Berge immer steiler und höher aus dem bis zu 1350 Meter tiefen Wasser. Wir sind jetzt im Hochgebirge, die Bergketten erheben sich bis auf eine Höhe von 2400 Meter. Wir haben kein Sitzfleisch im gemütlichen Innenraum, immer wieder müssen wir raus in den Wind, um das Schauspiel auch spüren zu können. Der Hochgeschwindigkeitskatamaran ist so schnell, 70 km/Std., dass mir vom Wind die Wangen flattern. Von den steilen Felsen brausen hunderte von Meter lange Wasserfälle, einmal geht der Katamaran bis auf wenige Meter an einen Wasserfall heran, immer spektakulärer wird die Fahrt.





Der Naeröyfjord


Der Sognefjord verästelt sich nun in viele kleinere Fjorde. An steuerbord sehen wir den sich abzweigenden Seitenarm des wilden 17 Kilometer langen Nærøjfordes, an der engsten Stelle ist er nur 250 Meter breit, dadurch wirken die steilen 1400 Meter hohen schneebedeckten Felswände mit den herabstürzenden Wasserfällen noch eindrucksvoller. Der Nærøjford wurde 2005 in die UNESCO-Weltkulturerbe-Liste aufgenommen. Unsere Fähre düst bis in den äußersten Zipfel des Aurlandfjords, nach Flåm. Keine Minute der Fahrzeit war uns zu lange, trotzdem fahren wir nicht mehr mit dem Katamaran zurück, sondern weiter mit der Flåmbahn nach Myrdal.

Die außergewöhnliche Eisenbahnstrecke
führt vom Tal durch eine Wiesenlandschaft hinauf zur Hochebene Myrdal. Schon über 65 Jahre lang, selbst im Winter, erklimmt die Bahn auf der 20 km langen Strecke 850 Höhenmeter, führt durch 20 Tunnels, darunter ein Wendetunnel. Alles von Hand durch die Bergmasse getrieben, unvorstellbar! Ein Wasserfall mit 90 Meter freiem Fall, wilde, schneebedeckte Gebirgspartien, Schluchten, schroffe Felshänge - ein atemberaubendes Panorama bietet sich uns und unserer Kamera! Schön, als Seefahrer mal wieder mitten in den Bergen zu sein.




Die Flåmbahn bringt uns hinauf nach Myrdal und in den Winter




Nach einer Stunde mit der Flåmbahn steigen wir auf der Hochebene in die Bergen Express-Bahn ein, sie führt von Ost nach West quer durch Norwegen, große Strecken über Hochgebirge. Eine sensationelle Fahrt, auch wenn wir nur für 2 Stunden das Teilstück Myrdal – Bergen mitfahren, erst auf der schneebedeckten Hochebene, vorbei an Hochseen und dann langsam abwärts ins grüne Tal, begleitet von einem glasklaren, sprudelnd grünem Gebirgsbach, der sich wild die Felsen hinab stürzt. In Bergen zurück wartet Momo. Inzwischen haben „2 Päckchenanleger“ an ihr fest gemacht. An diesem herrlichen, sonnigen Freitag Abend strömen immer mehr Boote in den Hafen. Es ist ja eine der 85 regenfreien Nächte, und Traumwetter, das gibt es nur weil wir da sind. Überhaupt, Traumwetter, seit wir in Norwegen sind – und das bisschen Nebel - schon vergessen.

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