Unser Logbuch

hier gibt`s das Neueste von unserer Reise.

Die Einträge hängen davon ab, wann wir einen Internetzugang

finden. Wir werden natürlich versuchen, möglichst aktuell zu sein


 
Datum 22. Oktober 2010
Position 20°16,54´S, 174°48,36´Nuku`alofa, Tonga
Seemeilen bisher 14053
Wind ESE 3
Tage unterwegs 557


wo liegt eigentlich Tonga?

Fehlstart nach Tonga

Wir schreiben den 21. September und Tag 528 nach unserer Abreise aus Fehmarn, als wir bei einer Gluthitze um 12.10 Uhr in der Marina von Apia die Leinen lösen und dann gleich in der Bucht das Großsegel setzen.

Für unsere Überfahrt von Samoa zur Inselgruppe des Königreichs von Tonga haben wir den Vollmond gebucht. Die Wetterdienste versprechen uns für die kommenden Tage einen Südost-Wind mit 4 bis 5 Beaufort. Wir rechnen damit, dass wir am dritten Tag, also am Freitag, die nördlichste Inselgruppe von Tonga erreichen werden, die zirka 380 Seemeilen entfernte Vava'u-G
ruppe.

Gleich in der Bucht von Apia setzen wir unser Großsegel. Mit voller Wucht schlägt der Wind plötzlich das Segel von Backbord nach Steuerbord, die drittlängste Segellatte bricht und die Splitter drohen das Segel zu zerfetzen. Segel wieder runter, die bereits verstauten Festmacherleinen und die Fender wieder vorbereiten für ein erneutes Hafenmanöver in der Marina. Dort tauscht Uwe die zersplitterte Latte gegen eine Ersatzlatte aus, ganz zufällig ist eine Ersatzlatte an Bord. Beim erneuten Segel setzen, draußen in der Bucht, entdecken wir, dass auch die oberste Segellatte gebrochen ist, also wieder runter mit dem Großsegel, Segellatte entfernen, Ersatz gibt es keinen mehr. Das gibt Muskeln! Zum dritten Mal setzt Uwe das Großsegel. Um 13.30 schalten wir Sir Perkins ab, jetzt sind wir wieder eins mit dem Wind und dem endlosen Pazifik.


unterwegs nach Tonga

Erste Nachtwache

Das Land verschwindet und um 19.00 Uhr abends verschwindet auch Uwe in die Koje, seine Freiwache beginnt und für mich die erste 4-Stunden Wache. Der Abend ist warm und ich warte auf den Vollmond, der auch schon bald riesig und orangefarben über dem Horizont aufsteigt und das tiefschwarze Wasser aufhellt. Nach zehn Tagen im Hafen ist die Einsamkeit auf See wieder gewöhnungsbedürftig. Der Wind bläst konstant und Johannes, unser Windpilot, steuert. Momo läuft mit 6 Knoten durch das Wasser. Um 23.00 Uhr wecke ich Uwe und um 3.00 Uhr früh weckt er wieder mich. Sonnenaufgang, jetzt darf ich wieder schlafen. Nichts, gar nichts haben wir gesehen in der Nacht, kein Schiff, kein Wal, kein treibender Container, trotzdem halten wir streng an den Wachen fest. Wieder mal sind wir zu schnell (Ihr wisst schon: wir wollen niemals Nachts ankommen), 128 Seemeilen Etmal liegen hinter uns in 24 Stunden.

Am zweiten Tag beschäftigt uns der unregelmäßige Wind mit Ein- und Ausreffen des Großsegels, gleichzeitig wird der Seegang ungemütlicher und damit auch das Leben an Bord. In der Küche gibt es „Schaukelpfanne à la Momo“. Irgendwie geht aber auch dieser Tag vorbei. In der folgenden Nacht verliert unser GPS für eine Stunde seinen Fix, wir wissen nicht warum, das Hand GPS funktioniert. Der Wind dreht von Ost-Südost auf Südost der Stärke 5, der ungemütliche Seegang wird zum schrecklich chaotischen Seegang. Er beutelt Momo hin und her und einzelne ganz chaotische Wellen schwappen übers Cockpit und bescheren uns eine warme Salzdusche. Wir sind müde und ich habe Kopfschmerzen. Die „kurzen“ Strecken unter 4 Tagen sind unendlich lang, stellen wir fest. Der Körper braucht seine Zeit um sich umzustellen. Das Ankommen ist auf längeren Fahrten nicht ständig im Kopf, die Tage und Nächte kommen und gehen dann einfach, einer nach dem anderen. Erst zwei Tage vor dem Landfall realisiert man wieder die Zeit.


Tonga an Backbord voraus

Endlich, am 3. Tag um 5.50 Uhr, ruft Uwe "Laaaaand in Sicht!".
Um 7.30 Uhr schiebt uns Sir Perkins zwischen den Inseln zum Ankerplatz vor der Hauptstadt Neiafu. Dem Kommando vom Skipper, weiter nach backbord zu fahren, widerspreche ich. „Da bin ich zu dicht an Land,“ rufe ich ihm vom Steuerstand aus zu. Uwe schaut sich gerade die Route unten am Laptop an, wie der Blitz ist er oben und bemerkt: „die elektronische Seekarte stimmt nicht!“ Sie ist um mindestens 250 Meter daneben! Seit Käpten Cook hat wohl niemand mehr die Gegend hier vermessen. Es geht eben nichts über die "Augapfelnavigation", problemlos finden wir zwischen den Inseln die tiefen Durchfahrten. Wie Tafelberge sehen die verwitterten, grün bewachsenen Vulkanberge aus.

Im Hafen Port of Refuge in der Vava`u-Gruppe von Tonga!

Um 10.15 Uhr fischen wir die Leine einer Boje aus dem Wasser dieses perfekten Naturhafens und machen Momo damit fest. Am Hang über uns überragt eine große weiße Kirche den Ort Neiafu. Kaum sind wir fest, da kommen schon zwei Dinghys angebraust und alte Seglerfreunde begrüßen uns und erzählen gleich alles Wissenswerte über die Einklarierung und die Versorgungslage vor Ort. Heute ist auch nicht Freitag, sondern Samstag, die Behörden arbeiten erst wieder am Montag, erfahren wir. Gestern und morgen ist gleichzeitig!
Klar, jetzt fällt es uns ein, auf dem Pazifik zwischen Samoa und Tonga verläuft die Datumsgrenze, die haben wir überfahren. Nach Kalender waren wir einen Tag länger unterwegs, zum Glück nicht wirklich, und zum Glück hatte keiner von uns Geburtstag, der wäre nämlich ausgefallen.


unser Ankerplatz vor Neiafu

Wir sind im Kingdom of Tonga!
Wieder ist ein Etappenziel Wirklichkeit geworden, wir können es kaum glauben. Das Königreich Tonga liegt mit seinen 176 tropischen Vulkan- und Koralleninseln (mal ein paar mehr oder weniger – abhängig vom Tidenstand) im Gebiet des Pazifischen Feuerrings, östlich von Fidschi, südlich von Samoa und nördlich von Neuseeland. Tonga dehnt sich auf eine Fläche von insgesamt 748 Quadratkilometer aus, 750 Kilometer Ausdehnung in Nord-Südrichtung. Tonga ist der einzige Staat in Ozeanien, der nie von Europäern kolonialisiert wurde. Tonga ist eine konstitutionelle Erbmonarchie, König George Tupou (geb. 1948) ist der älteste Sohn und Nachfolger von Taufa'ahau Tupou IV, der 88-jährig 2006 verstarb und 41 Jahre lang das Land regierte. Bei der Krönung 2008 versprach George Tupou V die Macht bis 2010 an das Parlament sowie an die Regierung zu übertragen. Die Forderung des Volkes nach mehr Demokratisierung gipfelte am 16. November 2006 in Unruhen in der Hauptstadt Nuku'alofa. In der Hauptgeschäftsstraße in der Innenstadt wurden Regierungsgebauden und viele Geschäften niedergebrannt. Trotzdem genießt die Monarchie große Unterstützung in der Bevölkerung.



Gesprochen wird eine polynesische Sprache, Tonganisch, man kann sich aber auch gut auf Englisch verständigen. Nur 120 000 Einwohner, 98 Prozent davon Polynesier, Europäer, Chinesen und Inder leben im Königreich. Ein großer Teil der tonganischen Bürger lebt permanent im Ausland, vor allem in Australien, Neuseeland und den USA. Fast alle Tonganer sind Mitglied einer christlichen Kirche, die vorherrschende Konfession ist die Free Wesleyan Church. Stark vertreten sind auch die Mormonen mit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.

Tonga ist ein Agrarstaat, die wichtigsten Produkte sind Kopra,Vanille,Treibhauspflanzen, Hackwurzel, Kokosnüsse, Kavapulver, Brotfrucht und Kokosprodukte für den Export. Für den Eigenbedarf gibt es viele Früchte, Gemüse und Nüsse. Lebensmittel werden überwiegend importiert aus Neuseeland, aber auch aus Singapur, Fidschi, Australien, USA und China.Geschichte Tongas

Nach Meinung von Archäologen kamen die ersten Siedler um 3000 vor Chr. aus Südostasien über Mikronesien nach Tonga. Es entstand ein tonganisches Imperium. Im 12. Jahrhundert waren die Tonganer eine Gemeinschaft aus Seefahrern Häuptlingen und Abenteurern. Ihr oberster Häuptling Tu'i Tonga war im gesamten Pazifischen Raum bekannt. Die Stammesfehden häuften sich. Im 15. und im 17. Jahrhundert kam es zu ersten Kontakten mit Europäern: 1643 mit Abel Tasman, 1773 mit James Cook, der die Inseln noch weitere Male 1774 und 1777 besuchte. 1781 erreichte Francisco Maurelle Vava'u und zwanzig Jahre später kamen die ersten Missionare. Häuptling Siaosi Taufa'ahau Tupou vereinte 1845 alle Inseln Tongas zum ältesten polynesischen Königreich. 1875 wurde Tonga unter Mithilfe des Missionars Shirley Waldemar Baker zu einer konstitutionellen Monarchie. Zu einem britischen Protektorat wurde Tonga im Mai 1900 im Rahmen eines Freundschaftsvertrags. Tonga ist eigenständiges Mitglied im Commonwealth und seit 1999 auch Mitglied der Vereinten Nationen. Zwischen Tonga und Deutschland wurde 1876 ein immer währender Freundschaftsvertrag abgeschlossen.

Die gelbe Quarantäne Flagge weht noch unter der Steuerbordsaling von Momo.
Trotz Landungsverbot - wir sind noch nicht einklariert - stehlen wir uns von Bord zu einer kurzen Besichtigung von Neiafu, lassen Tonga-Dollar (Pa'anga) mit dem Bild des Königs Tupou IV aus dem ATM-Geldautomat heraus, im Aquarium Café bekommen wir einen Internetzugang und treffen die Seglerszene. Wir entdecken nette Lokale und Cafés, wie die Giggling Whale Bar, die Coconet Bar, die Mermaid Bar und die Bounty Bar. Zurück auf Momo, kommt ein Einheimischer im Ruderboot längsseits und bietet uns Flaggen an. Es ist Lofi,seine Frau kann alle Gastlandflaggen nähen erzählt er uns. Wir bestellen bei ihm die Flagge von Tonga, von Neuseeland und von Vanuatu, die handgenähten Flaggen bringt er uns schon am nächsten Morgen.

Über der Bucht ertönt Chorgesang.
Am Abend schallt ein wunderschöner Chorgesang von der katholischen Kirche St. Joseph zum Naturhafen herab. Religion ist Lebensinhalt der Menschen auf Tonga. Der Sonntag ist nur Gott und der Kirche gewidmet, die Kirche ist rappelvoll, der Chor ist stimmgewaltig, man glaubt Profisänger zu hören. Wie zu allen Feierlichkeiten und offiziellen Anlässen sind die Einheimischen mit dem Ta'ovala bekleidet, einer fein gewobenen Matte aus den Pandanussblättern, die mit einem Kiekie (Gürtel) um die Taille geschnürt wird. Zweimal im Jahr gibt es einen besonderen Gottesdienst, die Gläubigen kommen ganz in weiß, die Frauen tragen auch weiße Hüte. Bei diesen Anlässen werden von den Kanzel alle Namen aufgerufen und jeweils die Summe genannt, die jede Familie gespendet hat!! Der Chor ist jedenfalls toll.


Kirche in Neiafu

Inzwischen ist es Montag, wir klarieren ein.
Die Prozedur dauert einen halben Tag, ein Beamter kommt nach dem anderen. Erst Tolu vom Ministerium of Immigration, dann Pino von Health und Agriculture und dann Lee vom Customs. Alles verläuft ohne Eile ab, die Beamten sind freundlich, trinken bei uns Kaffee oder Cola, nehmen einen Softdrink mit für unterwegs, auch Zigaretten, die wir schon seit Las Palmas zum Verschenken mitführen, lehnen sie nicht ab. Sie erzählen uns von ihrer Familie, ihren Kindern und von ihrem Königreich. Wir erfahren was „Momo“ in ihrem Sprachgebrauch bedeutet: ein kleines Stück von ....(irgendetwas), in Schweden bedeutet Momo Großmutter, in Panama wurde uns erzählt dass Momo der King of Carneval sei und der Gott des Meeres in Samoa. Wir dürfen jetzt einen Monat im Königreich Tonga bleiben und Momo darf sogar zwei Monate bleiben.


einklariert!

Uns Ausländer nennen die Einheimischen übrigens „Palangi“ (people from the sky). Als Captain Cook nach Tonga kam, dachten die Einheimischen dass die hohen Masten seines Schiffs bis zu den Wolken reichen, also waren es Menschen aus den Wolken.

Die Ankerplätze sind nummeriert wie Pizzas
In Neiafu gibt es eine Charterbasis von „The Moorings“, das Segelgebiet ist auch wirklich ideal, über 40 Buchten mit geschützten Ankerplätzen gibt es allein in der nördlichen Inselgruppe der Vava'u Group, weitere in Niuatoputapu, in der Ha'apai Group und in Tongatapu. Die beste Reisezeit ist Mai bis November, in den übrigen Monaten regnet es stark und häufig.

Wir fragen Elke und Werner, die hier den Trans Ocean Stützpunkt vertreten, nach den besten Ankerplätzen. Prompt kommt die Antwort: Nummer 14, 13, 8, 30, 7 und 16, "Moorings" hat die Plätze in ihrem Revierführer nummeriert, wie in manchen Lokalen die Pizzas. Die Nummern machen die Verständigung aber leichter, bei Namen wie Vaka'eitu, Foeata, Hunga, Nuku oder Kenutu, Katafanga, Olo'ua oder Luaa Fuleheu. Wir lassen uns bei Computer-Copy Solutions im gelb-roten Brettergebäude an der Ecke diesen Moorings-Cruising-Guide „To The Kingdom of Tonga“ kopieren und können uns jetzt im Detail informieren.

Herrliches, unbeschwertes Ankerleben
Es ist unmöglich in wenigen Tagen die vielen Inseln und Buchten im Königreich Tonga zu besuchen. Wir wollen deshalb nur wenige Ankerplätze anlaufen und uns gemütlich treiben lassen, ganz ohne Plan. Solange wir in Neiafu sind, gehe ich jeden Tag auf den einheimischen Markt Utukalongalu, nicht nur zum Einkaufen, einfach nur um die fremde exotische Atmosphäre zu schnuppern. Interessant sind auch die Kunstgewerbestände. Holzschnitzer stellen ihre Figuren aus, Knochenschnitzer verwenden alte polynesische Symbole für ihre Kettenanhänger aus Kuh- oder Walknochen, auch aus polierten Muscheln stellen die Einheimischen hübsche Ketten und Haarschmuck her. Eine große Tradition hat auch das flechten und Knüpfen von Körben und der Pandanusmatten und die Herstellung von Tapas, einer Baumrinde, die lange flach geklopft und anschließend mit Naturfarben bemalt wird.



Einheimisches Gemüse wie Süßkartoffeln, der Kürbis Cucurbita maxima (speziell für den japanischen Geschmack gezüchtet, der Kürbis wird sogar nach Japan exportiert), Christophine, Weißkrautköpfe, Bohnen, Lu (sieht aus wie Seerosenblätter, die zu einem Bündel aufgerollt sind), Gurken, Melonen Papaia, natürlich Kokosnüsse, Vanille und Ananas. Auf den langen Tischen liegt das Obst und Gemüse in lauter kleinen Grüppchen. Tomaten, Gurken, Tomaten mit Gurke, Christophine, usw., der Preis pro Gemüseberg beträgt 5 Pa'anga, etwa 2 Euro siebzig. Ich suche mir einen Tomatenberg aus und bezahle, gehandelt wird nicht. Kavapulver im Beutel zu 5 Pa'anga wird auch angeboten, zur Herstellung des traditionellen Kavagetränks. Getrunken wird es aus polierten Kokosnuss-Schalen, die ich beim Kunstgewerbestand auf dem Markt kaufe, damit auf Momo mal eine Kavazeremonie stattfinden kann.



Lange schaue ich Mary zu beim knüpfen eines Korbes. Drei Tage arbeitet sie an einem Stück von zirka 60 Zentimeter Durchmesser, erzählt sie mir, der Preis ist 60 Pa'anga. Mir sechs geflochtenen Körben in jeder Größe, Kavapulver, Gemüse und Obst fahre ich voll beladen zur Momo zurück. Ein Versorgungsschiff läuft ein, die Menschen strömen zum Hafen, holen ihre Angehörigen ab oder ihre bestellten Waren, ein unglaublich buntes Bild.



Im Straßenbild dominieren die Einheimischen mit ihren um den Körper festgebundenen Matten, die sind doch sicher warm und unbequem?



Hübsch anzusehen aber sind die Kinder mit ihren Schuluniformen. Das Post Office mit dem schlafenden Hund am Eingang ist originell und auch der heute statt findende Floh Markt mit den kunterbunten Auslagen wie Schuhe, Soßen, Waschpulver und bunte Kleidung, ein Treffen für die Einheimischen aus Neia'fu.


Warenangebot

Hektik und Eile sind auf Tonga ein Fremdwort, die Menschen strahlen Ruhe und Gelassenheit aus, sind nett und freundlich und machen auf uns einen zufriedenen Eindruck. Vor 200 Jahren hätten sie uns sicher verspeist, die großen hölzernen Gabeln aus der Zeit des Kannibalismus konnten wir in einem Souvenirladen bestaunen.


Die Kannibalengabel

Das Sortiment der heutigen Läden, die meist von Chinesen und Indern geführt werden, sind für uns auch sehr gewöhnungsbedürftig, wir begnügen uns mit den frischen Waren vom Gemüsemarkt. Der Renner ist ein T-Shirt-Laden, der im Siebdruck Texte und Motive ganz individuell druckt. Auch wir tragen jetzt T-Shirts mit „Momo in the Kingdom of Tonga“ aufgedruckt.

Wir finden auch einen Segelmacher, der auf unseren Klüver einen neuen Sonnenschutz-Streifen aufnäht, unser alter löst sich in Fetzen auf. Das letzte Foto, das unsere in Porto gekaufte Canon G10 knipst, ist ein Schwein, wie es hinter der Kirche über die Straße flitzt. Nach nicht mal einem Jahr kapituliert die teure Kamera vor der Salzluft, Totalschaden!!
Schweine sind ein Thema auf Tonga, sie dürfen bei keinem Festtagsessen fehlen. Ab sofort gibt es keine Schnappschüsse und keine Filme mehr, mit der Kamera haben wir kein Schwein gehabt.

Mit Weihnachstmusikberieselung - in der Südsee im Oktober - entdecke ich im kleinen Buch- und Schreibwarengeschäft unter einem riesigen Angebot von Bibeln ein kleines Buch; „Making Sense of Tonga“, Visitors's Guide to the Kingdom's Rich Polynesian Culture. Das muss ich unbedingt gleich an Bord lesen. Tonga ist das konservativste Land im Pazifik, das sieht man auch sofort an der Kleidung. Frauen tragen Kleider immer bis über die Knie, ältere Frauen (wahrscheinlich ab 20) müssen mit ihrer Bluse die Ellenbogen verhüllen und der Rock der Männer hat auch mindestens das Knie zu verhüllen, über den Rock tragen sie die gewebte Matte, genannt tupenu. Tonganer meiden die Sonne, sie baden meist abends und dann komplett mit Kleidung. Den Regenschirm benutzen sie nicht gegen den Regen sondern schützen sich vor der Sonne.



Yes

Ich erfahre, dass die Tongans nicht unhöflich oder schüchtern sind, wenn sie nicht in unsere Augen schauen – sie bezeugen hiermit Respekt. Auch antworten sie auf Fragen höflichkeitshalber immer mit „ja“. Wenn ich z. B. frage, „geht es hier zur Bank“, ist die Antwort immer „Yes“.

Landbesitz
Land kann auf Tonga nicht gekauft oder verkauft werden. Land besitzt nur der König, der Adel oder der Staat. Gegen eine Pacht kann das Land an das einfache Volk oder Ausländer weitergeben werden.

Rangordnung
In Tonga ist die Klassengesellschaft besonders ausgebildet. Es existiert ein Dreiklassensystem: die Königlichen, die Adligen und die Bürgerlichen. Diese Klassen werden weiter vererbt. Der älteste männliche Nachkomme in jeder der 33 adligen Familien erhält den Titel durch den König. Der Titel ersetzt dann seinen Namen. Wie wichtig das Ranking Konzept im Leben der Tongans ist, kann anscheinend kein Palangi verstehen oder nachvollziehen. Begegnen sich Tonganer, so müssen immer die Rangniedrigeren den Kopf tiefer halten als die Ranghöheren, sie müssen den Kopf beugen, sitzen oder knien. Wobei es wohl nicht einfach ist, den Rang immer festzustellen. Bevor das Ranking nicht klar ist, sprechen sie sich vorsichtshalber nicht an. Es gibt eine spezielle Sprache, die nur mit dem König gesprochen wird. Die Königsfamilie und die Adligen haben wieder eine andere Sprache. Die „reguläre“ Tongan Sprache sprechen die Bürgerlichen untereinander. Der Respekt vor der königlichen Herrschaft existiert, wie in den vergangenen Jahrhunderten, noch weitgehend unverändert, als die Oberhäupter als heilig erachtet wurden. Kritik an der Monarchie gilt als untongaisch und wird als unhöflich abgelehnt. Der König mit seiner Familie und einige einflussreiche Adlige sowie die wachsende nicht-adlige Elite lebt in Reichtum, die restliche Bevölkerung ist arm.

Eine Kavazeremonie am Königshaus könnte uns das Rankingkonzept näher bringen, aber leider sind wir nicht eingeladen. Wir trinken unser Maka-Bier in der Kneipe von Big Mama und da merkt man nichts von Ranking.
Nach dem Dreiklassensystem folgt ein weiteres Ranking. Männer sind höher im Rang als Frauen, jedoch innerhalb der Familie sind Schwestern höher im Rang als die Brüder. Verwandte von Vaterseite sind höher im Rang als Verwandte von Mutterseite und ältere Personen sind höher im Rang als jüngere Leute. Alles klar?


Essen – essen - essen
Die Hälfte der Bevölkerung produziert ihre Grundnahrungsmittel durch Fischerei, Viehzucht und Ackerbau selbst. Das Wichtigste, neben der Kirche, ist gut und viel zu essen. Tonganer nehmen im Durchschnitt 3000 bis 5000 Kalorien pro Tag zu sich, laut Gesundheitsministerium. Das verschafft der Bevölkerung den größten body mass index der Welt. König Tupou IV brachte 209,5 Kilogramm Gewicht auf die Waage, das brachte ihm 1976 einen Eintrag ins Guinnesbuch der Rekorde. Ein Festtagstisch auf Tonga sieht so aus:
Auf einer Tapamatte liegen Bananenblätter aus, darauf - ohne Besteck und Teller - im Erdofen geröstete ganze Schweine und Hühner, Brotfrucht und Kokosnüsse. Immer gibt es mehr als gegessen werden kann, die Gäste werden mit einer Menge Essen heimgeschickt.

Die Familie auf Tonga
Die Tonganer haben viele Kinder und die Familien sind entsprechend groß. In der Familie der Palangis gibt es einen Vater, eine Mutter, zwei Großmütter, zwei Großväter, dazu Brüder, Schwestern, Kusinen, Tanten und Onkel. Ein Tonganisches Kind hat viele Mütter: die leibliche Mutter und deren Schwestern; auch Väter hat es mehrere: den leiblichen Vater und alle seine Brüder. Die Tanten und Onkel sind also alle Mütter und Väter. Bei 5 Kindern pro Familie ergibt das eine riesige Verwandtschaft.

Der Tod ist Teil des Lebens in der Kultur der Tonganer. Gott holt uns zu sich, wenn es Zeit ist – that's it. Warum eine Person stirbt ist nicht wichtig. Beerdingungen sind große teure Angelegenheiten. Die Trauergäste kommen schwarz gekleidet mit einem ta'ovala (gewebte Matte) darüber. Große Geschenke werden zur Feier mitgebracht, Schweine, Matten und Tapas. Ein Kirchenchor singt non-stop von 9.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens.


Beerdigungsgesellschaft

Religion ist dominant im Leben der Tonganer. Warum sie ihre Götter so schnell für das Christentum aufgegeben haben weiß niemand, aber es wird angenommen, dass das Versprechen der Missionare auf ein Leben nach dem Tod den Ausschlag gab. Es verstößt gegen das Gesetz am Sonntag zu Arbeiten. Sonntags gehen alle Einheimischen zur Kirche, essen und schlafen – mehr nicht. Die Straßen sind wie ausgestorben. Dass Tonganer gerne und oft singen, davon konnten wir uns schon oft selbst überzeugen, die Stimmen tönen kraftvoll, nicht so schüchtern wie in den westlichen Kulturen. Es gibt natürlich noch viel mehr zu lesen, das soll aber an dieser Stelle reichen!



Jetzt gibt es eine Kava-Zeremonie an Bord von Momo
Unsere finnischen Freunde, Helinä und Kalle sind eingeladen zum Nationalgetränk der Tonganer. Das Kavapulver wird in eine (saubere) Socke gefüllt, die man in eine Schüssel mit Wasser hängt. Noch besser soll der Wirkstoff hervorgehoben werden, wenn das Pulver vorher gekaut und mit Speichel vermischt, ausgespuckt und dann wird der Schleim mit Wasser aufgefüllt. Das Wasser nimmt eine graue schmutzige Farbe an. Wenn das Getränk einer Spülbrühe gleicht, entfernt man die Socke mit dem Kavapulver und gießt die köstliche Brühe in Kokosschalen. Na dann prost! Wir schlürfen das nicht sonderlich gut riechende und noch weniger gut schmeckende Getränk und warten gespannt auf die Wirkung. Kava ist eine Droge, die aus Extrakten der Pfefferstrauchwurzel gewonnen wird und „einlullend“ wirkt. .In der Pharmaindustrie wird es als Antidepressivum verwandt. Die Männer auf Tonga trinken es täglich, da muss doch was dran sein, denken wir. Nach der dritten Schale fühlt sich unser Mund pelzig an – sonst spüren wir keine Wirkung. Wir Palangis ziehen ein herrlich kühles Bier am Abend vor.

Sanddollar
In der äußersten Ecke des Port of Refuge entdecken wir beim Schnorcheln bisher noch nie gesehene blaue und rosafarbene Seesterne und – auf dem weißen Sandgrund, auf drei Meter Tiefe, liegen Sanddollars. Skelette von Seesternen sind das, runde, leicht zerbrechliche Gehäuse, mit einem Stern darauf, wie ausgestanzt. Für mich der Anlass, mich endlich einmal anzustrengen und abzutauchen um die begehrten Dollar zu bergen. Nach 30 Stück beenden wir die Tauchaktion, eine tolle Ausbeute.


ein Sanddollar

Elke und Werner vom Trans-ocean Club
lernen wir jetzt persönlich kennen, über Email und Funk hatten wir schon Verbindung. Das Paar leitet den Stützpunkt des Trans-ocean Clubs in Tonga. Sie haben sich auf der kleinen Insel Fofoa niedergelassen, nachdem sie zwanzig Jahre lang um die Welt gesegelt sind. Zur Zeit ist ihr Motorboot kaputt und sie suchen jetzt, nach ihrem Einkauf in der Stadt, eine Rückfahrgelegenheit zu ihrer zehn Seemeilen entfernten Insel. Wir bringen die beiden gerne nach Hause und verlegen Momo in die Blue Lagoon (Ankerplatz Nr. 14). Elke und Werner navigieren uns zwischen den Untiefen hindurch in die Bucht, sie wissen auch ganz genau wo der Anker am besten hält. Die Blue Lagoon hält was ihr Name verspricht, das Wasser spiegelt sämtliche Blautöne die man sich vorstellen kann.



Einladung zum Sundowner und Abendessen auf Fofoa
Stolz zeigen uns Elke und Werner ihr Paradies unter Palmen. Das Grundstück ist riesig. Eigenhändig haben sie ein Haus aus Stein und Beton gebaut, um das Haus herum den Urwald gerodet und jetzt wachsen Kokospalmen, Mango- und Papayabäume in ihrem Garten, auch Wein hat Werner angebaut, Ananas, Bohnen, Lu und Tomaten. Es gibt auf der Insel, wie überhaupt auf ganz Tonga nur Regenwasser und das muss man sammeln in großen Behältern. Jetzt aber schnell zum Strand mit Blick über die Blue Lagoon und den Pazifik. Jeden Abend genießen Elke und Werner den Sonnenuntergang, heute dürfen wir die Stimmung miterleben – wow.


Abend an der Blue Lagoon (Nr. 14)

Zum Abendessen kocht Werner eine Art Spinat vom Lu, frisch gepflückt aus seinem Garten mit Süßkartoffel und Spiegelei, einfach lecker. Seerosenblätter nenne ich das Blattgemüse, also Seerosenspinat. Diese Lu Blätter muss man mindestens eine halbe Stunde köcheln und ja nicht roh probieren, da geht einem nämlich die Luft aus. Geschehen vor einem Jahr in der Karibik bei einer Kochsession auf der SY Heimkehr, da kam fast schon Panik auf. Es gibt noch so viel zu erzählen, der Gesprächsstoff unter Seglern geht nie aus, doch wir dürfen nicht zu spät mit dem Dinghy zur Momo zurückkommen. Auf den schönen Tag in der herrlichen Bucht folgt eine unruhige Nacht. Pünktlich zu Hochwasser, wenn die Pazifikdünung übers Aussenriff drückt, heute mitten in der Nacht, tanzt Momo recht wild an ihrer Ankerkette.

Hunga Lagoon (Nr. 13)
Ruhiges Liegen wie in einem See, eingebettet zwischen den Inseln Hunga und Fofoa, das verspricht der Cruising Guide. Wir verlassen also die Blue Lagoon und verholen uns nur 5 Seemeilen weiter in die Hunga Lagoon. Unterwegs treffen wir auf eine Walfamilie mit Babywal, es sind Buckelwale oder auch Humbacks genannt. Jedes Jahr kommen die Wale aus der Antarktis nach Tonga und bringen in den warmen Gewässern ihre Kälber auf die Welt, dann geht ihre Reise nach Australien. Ein Whalewatch-Boot ist auch schon da und die Gäste schwimmen mit den Walen. Immer wieder tauchen die Tiere auf, wir sehen die Bäuche, Flunken und immer wieder Fontänen – ein atemberaubendes Schauspiel. Die Einfahrt in die Hunga Bay ist nur bei Hochwasser tief genug, aber das hat unser Skipper schon richtig getimed. In der Lagune liegen wir ruhig wie in Abrahams Schoß. Inzwischen ist auch die SY Thule mit Rainer und Ursula in unserer neuen Bucht angekommen. Gemütlich sitzen wir zusammen beim Sundowner. Als die Dämmerung einbricht, entdecken wir am Ufer der Insel Flughunde, die von Palme zu Palme fliegen, schnell sind sie, keine Chance für ein Foto. Die Flughunde haben im Gegensatz zur Fledermaus keine Echoortung. Sie sind Vegetarier und ernähren sich von Nektar, Pollen und Früchten.


Dieses Foto haben wir von Davy ausgeliehen,
wir kamen leider nie so dicht ran

Noch einmal, jetzt zusammen mit Ursula und Rainer, besuchen wir unser Aussteiger, Elke und Werner auf ihrer Insel. Heute sind sie nicht einsam, insgesamt sitzen die Crews von 5 Yachten um den Kaffeetisch. Bevor wir wieder den Rückweg über die Insel Fofoa und von dort mit dem Dinghy zum Schiff aufbrechen, dürfen wir noch von Werner's selbst gebrautem Bier kosten. Es ist ganz einfach herzustellen: man braucht ein Bierkit, Zucker, Wasser und ein Fass und Zeit – mehr nicht. Das Bierkit gibt’s in Neuseeland in jedem Supermarkt klärt uns Werner auf. Herrlich schmeckt das Bier. Wir verlassen das Paradies und machen uns Gedanken ob das auch für uns was wäre – immer Sommer, Palmen, Meer, Sonnenuntergänge und Kirchenchöre - nein, ohne Internet, ohne Kino, ohne Baumarkt und ohne Aldi und nie Schnee, das würde uns im Paradies auf Dauer fehlen.


Seglertreff im TO Stützpunkt

SPCZ, die Südpazifische Convergence Zone
Die Zeit läuft, heute ist schon der 11. Oktober. Vor uns liegt ein schwieriges Seestück nach Neuseeland, was das Wetter betrifft. Spätestens Mitte November wollen wir in Neuseeland eintreffen. Wir dürfen nicht zu früh los, sonst erwischt uns vor Neuseeland eventuell ein Wintersturm, aber auch nicht zu spät, denn dann erwischt uns vielleicht ein erster Zyklon. Wann ist die richtige Zeit? Das Wetter ist mal wieder Thema Nummer 1 unter den Seglern, ständig wird recherchiert. Momentan hängt die Südpazifische Convergence Zone genau über uns. ein Gebiet mit viel Regen, Gewittern und Squalls. Wir warten mal ab, verholen uns in die

Bucht Port Maurelle (Nr. 7)
von dort machen wir einen Dinghy-Ausflug in eine riesige Wasserhöhle. Wir parken unser Schlauchboot mittendrin und springen ins kristallklare Wasser. Etwas unheimlich, so ganz allein in der Höhle. Über die Barre vor der Höhle scheint die Sonne herein, so dass wir den Grund in 20 m Tiefe glasklar sehen können.


Höhlenschnorcheln

Zurück in Neiafu, klarieren wir vorsichtshalber mal aus. Das arbeitsfreie Wochenende der Beamten folgt und wir wollen langsam Süd machen, zur Inselgruppe Ha`apai oder gar nach Tongatapu. Uwe erledigt auch noch den Papierkrieg für die Einreise nach Neuseeland, die Mappe mit den Formularen gab es in einem Café in Neiafu. Er füllt aus: „passenger arrival card“, „temporary import entry for yachts“,.“inward report for small crafts“, „master's declaration of bio security“, „border cash report“ und per Email schickt er die „advance notice of arrival“ an die Zollbehörde in Neuseeland. 48 Stunden vor Erreichen Neuseelands müssen wir uns noch per Funk anmelden und zwei Stunden vorher noch einmal. Inzwischen war ich zum letzten Mal auf dem Markt und bringe frisches Gemüse und Obst für die Weiterfahrt mit.

Vor der Insel Nuapapu (Nr.15) fällt unser Anker nach nur drei Stunden Fahrt.
Das Wetter ist zu unsicher, um weiter zu fahren. In der Ankerbucht liegen wir sehr ruhig. Hören wir da nicht einen Kirchenchor, aber es ist doch gar kein Wochenende?
Jetzt entdecken wir am Ufer schwarz gekleidete Polynesier mit ihren traditionellen Bastmatten um den Bauch. Auf der Insel findet eine Beerdigung statt. Plötzlich hängen zwei Jungen im Alter von 11 Jahren an unserer Badeleiter und sagen – hallo! Sie heißen Mikala und Iokua. Wird jemand beerdigt, fragen wir sie auf Englisch? Ja, meine Mutter kommt prompt die Antwort zurück von Mikala. Wir fragen die Kinder noch nach ihrer Schule und Mikala erzählt uns auch, dass er noch vier weitere Geschwister hat. Bevor sie wieder los schwimmen, umarmt mich der Bub spontan. Einem anderen Segler wurde erzählt, dass die Frau die beerdigt wurde schon alt war, sie war ja schon 45 Jahre! Sicher ist, dass es ein großes Festmahl mit vielen Schweinen gab. Der Steg vor der Insel ist aus lauter übereinander gestapelten Sandsäcken gebaut, hier fahren jetzt vier voll besetzte Boote mit Trauergästen aus dem umliegenden Inseln ab.


Mikalas Mutter wurde gerade beerdigt,
aber das Leben geht weiter auf Tonga

Am nächsten Morgen liegt ein Zettel im Cockpit, vom Lehrer der Schule von Nuapapu. Wir sind in die Schule eingeladen, Schulbeginn ist um 8.30Uhr. Zusammen mit vier weiteren Crews marschieren wir zur kleinen Schule mit Blick auf den Pazifik. 25 Schüler zwischen 5 und 11 Jahren begrüßen uns mit einem Lied. Sie singen leise. Der Lehrer klärt uns auf, dass heute und morgen nur leise gesungen werden darf, weil gestern eine Beerdigung war. Die Gäste bekommen alle einen betörend duftenden Tiare-Blütenkranz um den Hals gehängt.


Schule in Nuapapu

Dann stellen sich die Kinder vor, sie heißen Moana, Noalani, Malu, Kala, Haukea, Sione, Akoni; Mikala, Kekoa, Joakua, Siaosi, sie wollen später mal Lehrer, Krankenschweister, Seemann, Soldat oder Pilot werden. Keiner hat irgendeinen handwerklichen Beruf genannt. Wieder singen und tanzen die Kinder, den Takt machen sie mit Kokosnusshälften. Schon wieder habe ich einen neuen Nutzen der Kokospalme entdeckt. Von uns Seglern sind drei Lehrerinnen dabei, auch sie singen den Kindern ein Lied vor. Zum Abschied wollen uns alle Kinder die Hände schütteln und uns anfassen. Ein herzerfrischendes Erlebnis, war dieser Schulbesuch. Wir schenken den Kindern Buntstifte, Hefte, Blocks und sieben aufblasbare Wasserbälle als Weltkugeln gab's auch noch an Bord von Momo. Tonga hat ein gutes Erziehungssystem mit freiem Zugang für alle. Für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr besteht auf Tonga Schulpflicht, Gebühren für weiterführende Schulen sind gering und es gibt Stipendien für eine Ausbildung im Ausland.



Der Rückweg führt uns durch das Dorf mit einfachen Hütten - die Heimat der fröhlichen Kinder. Ein Junge klettert barfuß die Kokospalmen hoch und wirft uns grüne Nüsse zu. Köstlich schmeckt das frische Kokoswasser.

Und noch eine tolle Bucht, Vakaeito, Nr16
morgens Regen, nachmittags wieder Sonnenschein, aber wieder kein Wetter für eine längere Fahrt. Wir schnorcheln am Riff. Die Korallen und die Unterwasserwelt ist lang nicht so bunt, wie wir sie von den Tuamotus oder der Cook Insel Suwarrow kennen. Die bunten Seesterne sind jedoch toll, auch schöne Muscheln finde ich und die Sanddollars waren auch einmalig. Vor ein einigen Jahren, so haben uns Werner und Elke erzählt, war das Riff noch wesentlich bunter und lebendiger. Ein paar sehr heiße Sommer mit hohen Wassertemperaturen und ein Zyklon haben es nachhaltig geschädigt.
Morgen wollen wir endgültig Strecke machen, sonst warten wir noch ewig auf perfekte Segelbedingungen.


schnorcheln bei Nr.15

Am 13. 10. heißt es Kurs Nuku'alofa, eine Nachtfahrt.
Um 11.00 Uhr gehen wir Anker auf, wir brauchen das Sonnenlicht für die Augapfelnavigation durch die Riffe. Unsere Cmap-Karten sind noch immer ungenau: nach den Karten ankern wir auf Land und fahren über Riffe. Besser dran sind die Segler mit den Navionicskarten, die stimmen genau. Frei von den Inseln treffen wir auf einen Wal und sehen zwei große blaue Fische weit über das Wasser springen. Wir segeln nach Südwest, der Wind foppt uns, erst kommt er von hinten, dann schläft er ein, jetzt kommt er von vorne, also Gegenwind. Unsere letzte Rettung ist Sir Perkins, er motort uns brummend durch die Nacht, eine Nacht von der ätzenden Sorte.

Um 3.00 Uhr früh, pünktlich zum Wachwechsel schleicht sich ein dicker Squall von hinten an, kommt über uns, der Wind dreht um 180 Grad. Statt sich zu verziehen schleicht der Squall wie ein Wurm um uns herum, wird immer länger. Wir stecken in einer ausgewachsenen Front mit Regen und 18 Knoten Wind von vorne, dazu fürchterlicher Seegang. Sir Perkins muss mit 2500 Umdrehungen dagegen anknüppeln. Unser Ziel Nuku'alofa verwerfen wir und laufen die nächstgelegene Insel an.


so sieht unser Wetter zur Zeit meistens aus

Vor der Insel Nomuka in der Ha'apai Inselgruppe fällt um 16.30 unser Anker nach langen 29 Stunden und nur 112 Seemeilen. Nach Landgang ist uns absolut nicht zumute, wir ruhen uns an Bord aus und hoffen mal wieder auf günstigeres Wetter für unsere Weiterfahrt nach Tongatapu, der südlichsten Inselgruppe von Tonga. Die Inseln und einsamen Buchten der Ha'apai Gruppe wären sicher auch schön zu entdecken, aber wir wollen rechtzeitig an unserem gewählten Startplatz auf Tongatapu sein, falls sich ein günstiges Wetterfenster für Neuseeland ergibt.

Am 15. 10. heißt es mal wieder Kurs Nuku'alofa
Der Tag ist mal wieder zu kurz und die Nacht zu lange für die vor uns liegende Strecke. Wir sind uns unschlüssig, sollen wir wirklich heute los oder erst morgen, die Wolken um uns herum verheißen nichts Gutes und für heute Nacht sind vereinzelt Gewitter angesagt, aber morgen hätten wir laut Wetterbericht mit Gegenwind zu kämpfen. Vielleicht haben wir ja Glück und die Gewitter verziehen sich. Kurz vor Sonnenuntergang gehen wir Anker auf und segeln mit 3 Reffs im Großsegel durch die finstere Nacht.


da braut sich was zusammen!

Blitze und Donner halten noch anständigen Abstand, aber um 3.30 Uhr, wieder mal in meiner zweiten Wache zucken die Blitze direkt über uns, der Wind legt schlagartig auf Sturmstärke zu. Schnell noch den Klüver wegrollen, dann weckt mein Hilferuf den Skipper, seine Freiwache mit Schlafen kann er vergessen, er wird im Cockpit gebraucht. Bis auf die gespenstische „Blitzbeleuchtung“ ist die Nacht stockfinster, der Regen peitscht waagrecht und die Wellen steigen über das Cockpit. Jetzt spüren wir mal wieder was Kälte ist, in nassen Shorts und T-Shirts kühlen wir ganz schnell aus, vor allem am Steuer. Johannes dem Windpilot und auch Anton dem Autopilot haben wir Schwerwetterpause gegeben und steuern selbst. Der Wind zerrt am Bimini, es droht fort zu fliegen. Momo hält sich wacker. Immer noch Nacht! Wenige Meilen vor der Insel Tongatapu versuchen wir zu wenden, denn bei diesem Wetter können wir die unmöglich zwischen Riffen die Insel anlaufen. Endlich bringen wir Momo auf den anderen Bug und laufen ab, weg von der Insel, bis sich Wind und Seegang beruhigen.

Gegen 5.00 Uhr morgens nehmen wir wieder Kurs auf Tongatapu, fahren noch zwei Stunden den Weg durch die Riffe auf die Stadt Nuku'alofa zu. Wir sehen den Königspalast am Ufer, fahren jedoch noch eine Meile weiter und ankern vor der Insel Pangaimotu. Ein traumhafter Ankerplatz, auf der Insel eine originelle Bar, dazwischen ragt der Bug eines alten Wracks aus dem Wasser. Wir fallen erschöpft in einen tiefen Schlaf – es ist morgens um 9.00 Uhr.


unser Ankerplatz vor Pangaimotu

Die letzten Tage in Tonga
Wann unser letzter Tag auf Tonga ist entscheidet nur das Wetter. Uwe ist ständig auf der Jagd nach neuen Informationen, in der Kneipe von Big Mama im Gespräch mit anderen Seglern, im Internet, auch holt er sich von Meno Schrader von der „Wetterwelt“ in Kiel eine individuelle Wettervorhersage. Ab 20. Oktober sind wir bereit, meldet Uwe. Der Wetterdienst gibt uns den Startschuss, sobald sich eine konstante Wetterlage über einige zusammenhängende Tage mit günstigem Wind für unsere Fahrt nach Neuseeland, Kurs Süd, ergibt. Das hindert unseren Skipper aber nicht, trotzdem selbst sämtliche Wetterdaten zu analysieren.


Fische lieben Wracks, also kann man dort auch gut schnorcheln

Unsere Insel Pangaimotu ist so klein, dass wir sie zu Fuß in einer Stunde umrunden können. Es ist eine Koralleninsel, wie auch Tongatapu. Wir tauchen mal wieder nach Sanddollars, sammeln Muscheln und Schnecken und entdecken am weißen Strand Hunderte von kleinen runden flachen Plättchen in Knopfgröße, alle mit einem Loch. Ganz toll ist auch das Schnorcheln um und in dem Wrack. Korallen besiedeln den Schiffsrumpf und Schwärme von Fischen umkreisen das Wrack, schwimmen unter den Spanten hindurch, auch das Steuerrad ist zum Spielplatz der Fische geworden. Wir küren den Ankerplatz vor Pangaimotu zu den Top Ten, ein Manko hat der Platz, wir liegen jeden Tag in einer anderen Richtung vor Anker und es stellt sich dann die Frage, hält wohl der Anker? Jeden Tag kommen neue Segelschiffe an, wie die Zugvögel warten alle auf den Abflug.

Mit dem Dinghy fahren wir nach Nuku`alofa
In der Bucht ist einst übrigens auch Captain Cook gelandet. 24 000 Menschen leben in der Hauptstadt und Königsresidenz von Nuku'alofa. Leider haben wir den König nicht angetroffen, sein Königsschloss wird momentan renoviert, auch eine Mauer lässt er um das Gelände errichten. Der Königspalast, eine viktorianische Villa aus dem Jahr 1867, ist übrigens ein vorgefertigtes Holzhaus aus Neuseeland. Nicht weit vom Palast sehen wir die Royal tombs, genannt Mala'e Kula, auf einem Feld so groß wie ein Fußballplatz sind hier die Könige beerdigt. An fast jeder Ecke steht eine Kirche, dazwischen Banken, viele Geschäfte, Restaurant, Hotels und Bars, Gemüsemarkt Talamahu, günstig und außer Sonntags immer offen. Von der Stadt bringen wir per Dinghy noch Kanister mit Diesel und füllen unseren Tank noch einmal ganz auf. Ausklarieren und frisches Gemüse kaufen gehört bei uns immer zusammen. Trotzdem warten wir noch auf den Startpfiff.


Nuku`alofa ist eine richtige Hauptstadt


das Fertighaus des Königs wird gerade renoviert

Grünes Licht
Die aufregende Abfahrt rückt näher, am Donnerstag fahren die ersten zwei Schiffe los, dabei auch das Holländische Schiff Nye Fam mit Marietta und Paul. An Bord von Momo herrscht Unruhe, unser Pactor funktioniert nicht, und ins Internet kommen wir momentan auch nicht. Der Skipper kriegt aber alles in den Griff. Unsere Wetterwelt meldet ab morgen nahezu ideale Bedingungen mit Wind aus Ost, mit 4 bis 5 Beaufort für die kommenden 7 Tage, danach kommt mehr Wind, eventuell sogar Sturm, aber bis dahin kann sich viel ändern. Noch eine Nacht am Ankerplatz schlafen. Morgen früh, am Freitag dem 22. Oktober um 9.00 Uhr starten wir gemeinsam mit der SY Atlantis mit Ernst und Inge. Zehn Tage rechnen wir für die heikle über 1000 Seemeilen lange Überfahrt nach Neuseeland.

die Wetterkarte vom 22. Oktober, das Hoch links unten soll uns den
guten Ost Wind bringen (auf der Südhalbkugel drehen die
Winde genau anders herum als im Norden). Aber erst müssen wir noch
die Konvergenz Zone und die Okklusionsfront überwinden!


zusammen mit der Atlantis machen wir uns
auf den Weg nach Neuseeland

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